Sanatorium Europa

Ziemlich fasziniert hat mich in der vergangenen Nacht die Sendung „Sanatorium Europa“.

Sie handelte nicht nur von Hermann Hesse, Thomas Mann und Ernst Bloch, sondern auch von anderen Zeitgeistern, die vor und während des Ersten Weltkriegs in der Schweiz eine vorübergehende Heimat fanden.

Vom italienischen Gardasee mit seinem Sanatorium in Riva verlagerte sich die Szene der Aussteiger, Vegetarier, Veganer und Gurus wie Gustav Gräser in die Gegend um Ascona am Lago Maggiore.

Interessante Analysen und Vergleiche mit der heutigen Zeit liefert die Politologin Ulrike Guérot; und zu Hermann Hesses Mantra „Sei Du selbst!“ meint und erläutert der Philosoph Andreas Weber in diesem bemerkenswerten Film, genau so wichtig sei auch die Maxime „Sei der andere!“

„Die dekadente Gesellschaft im Reformsanatorium von Dr. von Hartungen am Gardasee mit all den eingebildeten Kranken faszinierte Thomas Mann. Hier bekam er die Ur-Inspiration zum „Zauberberg“, dem Abgesang schlechthin auf das sterbende Europa. Heute steht die Ruine des Sanatoriums in Riva leer. Für die Filmemacherin Julia Benkert symbolischer und realer Ort zugleich, um das Unbehagen an der Zeit zu analysieren. Wirken die Symptome von damals doch erschreckend vertraut: das Ausgebranntsein, der Veganer-Boom, die Hinwendung zu asiatischen Weisheiten, das Zurück-zur-Natur, genauso wie der Ruf nach Führung. Die Parallelen zu heute lesen sich wie Warnzeichen vor dem nächsten großen Krieg.

Der Philosoph Andreas Weber und die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot ordnen die gesellschaftlichen Phänomene ideengeschichtlich ein und zeigen, dass viele Prozesse, die damals begonnen haben, noch lange nicht abgeschlossen sind – handelt „Sanatorium Europa“ doch nicht nur vom Kranksein, sondern auch von Heilung.

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs war die Idylle der magischen Seenlandschaft zerstört. Nur die Region um Ascona am Lago Maggiore blieb politisch neutral, weil sie zur Schweiz gehörte. Das einstige Refugium wurde zum Exil. Besonders das Sanatorium Villa Neugeboren zog die Intellektuellen an. Pikanterweise lag es auf dem Hügel direkt gegenüber des Monte Verità, dem legendären Wahrheitsberg. Fieberhaft suchten die Intellektuellen nach neuen Utopien für Europa. Ernst Bloch beendete hier sein berühmtes Werk „Geist der Utopie“. Hermann Hesse schrieb den „Demian“, darin der Spruch „Sei du selbst!“, der zum Mantra eines ganzen Jahrhunderts werden sollte.“ (ARD-Programmhinweis)

http://programm.ard.de/TV/Programm/Sender/?sendung=28724159332941

Und hier geht’s zum Film (Länge: ca. 50 Minuten)

http://www.hr-fernsehen.de/sendungen-a-z/video-45566.html

 

Asterix-Übersetzer Millionär

Asterix et la Transitalique

Am ersten Verkaufstag des neuen Asterix hatte ich um 15.00 Uhr einen Termin in Bad Krozingen und am Abend Stammtisch wie an jedem dritten Freitag des Monats, diesmal im „Bären“ in Auggen.

Wir sind da rund 20 Zugereiste aus nördlicheren Gefilden wie Hamburg, Köln, Bamberg und so weiter, und zwar männlich und weiblich gemischt, Singles und Paare. Ich bin übrigens der Jüngste.

Nach dem sehr netten Gespräch im „Café Mohrenköpfle“ fuhr ich um 16.30 Uhr erst mal über Breisach nach Frankreich, um mir die französische Originalausgabe zu kaufen. Im Supermarkt in Fessenheim kostete das Album 9,45 €.

Asterix Kassenzettel

Ich fuhr dann über die einsame Landstrasse zum Grenzübergang von Chalampé nach Neuenburg am Rhein. Auf dieser zur Meditation geeigneten Strecke verfiel ich in tiefes Nachdenken darüber, warum wohl der Preis für die deutsche Ausgabe mit 12,00 € um 2,55 € höher liegt als der für die französische.

Die Übersetzung! Der Übersetzer! Das war der Grund. Schliesslich musste für die übersetzte Ausgabe ein zusätzlicher Dienstleister eingeschaltet werden.

Klaus Jöken hat schätzungsweise zwei Tage gebraucht, um das ganze ins Deutsche zu übertragen. Das wären also 16 Arbeitsstunden. Multipliziert man eine geschätzte Auflage von 200.000 Exemplaren mit den genannten 2,55 €, erhält man einen Betrag von 510.000 €.

Dividiert man dies durch 16 Stunden, kommen wir auf einen Stundentarif von 31.875 €. Hochgerechnet auf eine 40-Stunden-Woche ergibt das 1.275.000 €, macht einen Monatslohn von 4 x 1.275.000 = 5.100.000 € (in Worten: cinq millions) für den „traducteur“.

Tja, Übersetzer sollte man werden. Da kann man ganz schön Kohle machen. „Gagner du pognon (faire du fric)“, wie der Franzose sagen würde.

Asterix

 

Verhaltensökonomische Aspekte meines Gebrauchtwagenkaufs

Chrysler PT Cruiser

Man kennt das ja. Man hat seine eigene mentale Buchhaltung. Man betreibt geistige Mischkalkulation. Man bekämpft seinen inneren Schweinehund oder man tätigt Frustkäufe. Man lässt sich verführen, entscheidet aus dem Bauch heraus, gerne auch gegen jede Vernunft. Dies alles sind psychologische Aspekte, die Bestandteil unseres wirtschaftlichen Verhaltens sein können.

Verhaltensökonomik ist ein Teilgebiet der Wirtschaftswissenschaft. Ihr herausragender Vertreter Richard H. Thaler bekommt nun den Nobelpreis für seine Forschungen und Leistungen auf diesem Gebiet.

Beim Nachdenken über mein eigenes ökonomisches Handeln dachte ich nicht nur an ein Beispiel, das in diesem Zusammenhang gerne genannt wird: das Problem, ob man nur im Hier und Jetzt leben und konsumfreudig sein oder lieber Geld fürs Alter zurücklegen soll. Ich bin da noch zu keinem eindeutigen Schluss gekommen, so dass sich das Thema für mich noch nicht erledigt hat.

Ein Kauf, nämlich der meines Gebrauchtwagens vor sechs Jahren, liegt nun weit genug zurück, dass man ihn nachträglich erörtern kann.

Traumauto Chrysler PT Cruiser
19. Dezember 2011

Ein Neuwagen erschien mir damals als ein Luxus, den ich mir nicht unbedingt leisten muss. Ich hatte in meinem früheren Leben schon mehrere neue Autos gekauft, muss jetzt aber keinen erfolgreichen Geschäftsmann mehr abgeben noch will ich wildfremde Nachbarn beeindrucken. Abgesehen davon, dass ich das auch schon früher nicht getan habe.

Eine alte klapprige Kiste musste es aber auch nicht unbedingt sein. Schon öfters war mir der Chrysler PT Cruiser ins Auge gefallen und so entschloss ich mich, mir einen solchen zu kaufen. Er hatte erst 33.000 km auf dem Tacho und sah so gut wie neu aus, kostete aber nur 6.000 €. Inzwischen bin ich 135.000 Kilometer damit gefahren, also über 22.000 km pro Jahr. Und er läuft noch wie am ersten Tag. Es war keine Fehlentscheidung, wie ich rückblickend meine.

Dabei hatte ich das Auto wie die Katze im Sack gekauft. Ich hatte es im Internet gesehen und bei einer 300 km entfernten Mercedes-Werkstatt reserviert. Ich war zum Kauf entschlossen, bevor ich überhaupt eine Probefahrt gemacht hatte. Technische Details wie Verbrauch oder PS haben also keinerlei Rolle gespielt, wohl aber ästhetische. Sogar fast ausschliesslich.

Der Wagen hatte für mich eine Art Oldtimer-Aura, sowas wie die Traction-Gangsterautos in alten französischen Filmen. Er entsprach meinem etwas undefinierbaren persönlichen Geschmack.

Nur gut, dass ich auch sonst nichts an ihm auszusetzen habe. Es ist schliesslich kein Auto wie jedes andere. Und es ist meins.

Schreibman & Maria in Rumersheim-le-Haut (F)