Ich war noch nie in Amsterdam

Nee, das stimmt natürlich nicht. Ich war auch schon mal in Utrecht. Ende der 1960er Jahre.

Vater hatte etwas verunsichert und mit laufendem Motor angehalten, weil er irgendwas besichtigen wollte, was er nicht gleich fand. Hielt ein Radfahrer neben uns. Vater drehte die Scheibe runter und nannte den Suchbegriff. Sagte der Radfahrer wohl etwas wie „Rijd maar achter me“ und radelte los, Vater mit dem Auto hinterher. Er konnte ihm kaum folgen, durch das Verkehrgewühl in der Utrechter Innenstadt.

Wir kamen jedenfalls gut an. Vater hätte ihm – so dankbar wie er war – vielleicht einen Gulden Trinkgeld angeboten. Aber so schnell wie er irgendwo nach seinem Geldbeutel hätte kramen müssen war der fidele Fietser auch schon wieder in der Masse untergetaucht. Und hätte bestimmt auch nichts angenommen.

Das waren die wilden Jahre, als sich in Amsterdam im Vondelpark die Hippies und Anarchisten trafen und wo ich mir gerne die „Kabouterkrant“ gekauft hätte, als Nachfolger der zu Recht eingegangenen „Rasselbande“.

Naja, stattdessen haben wir halt eine Grachtenfahrt gemacht und mussten das Anne-Frank-Haus und das schmalste Haus der Stadt oder der Niederlande oder der Welt (?) im Vorbeischippern bewundern. Wie langweilig!

Wir hatten in Sint Maartensvlotbrug so eine Ferienhütte nahe am Strand gemietet. Die hatte den Charme einer Behelfsunterkunft für Bauarbeiter. Aber lag halt an einem richtigen Strand an einem richtigen Meer. Man konnte sogar bis nach Alkmaar zu einem Käsemarkt fahren. Hunderte oder Tausenden von Käsekugeln, die aussahen wie Kürbisse. Lang-weil-ig!

Seitdem war ich nie mehr in Holland. Muss ja auch nicht sein.

Heute Nachmittag war ich im Café Birké in Neuf-Brisach, ein Eis essen. Manger une crème glace. Fraise (Erdbeer), Pistache (Pistazie), Chantilly (Sahne).

Neuf-Brisach

Wenn Lilli auf Arbeit ist, nutzen wir ihre Pausen oft für ein wenig Kommunikation per WhatsApp. Diktieren geht bei mir dann schneller als Tippen und die Zeit ist zu kostbar zum Korrekturlesen. Lilli hat allerdings einige Übung darin, zu raten, was ich tatsächlich gesagt habe.

Der äusserste Tisch

„Sie kennen doch die Geschichte von der Schwäbischen Eisenbahn“ hätte ich dem Chef von der Terrassenwirtschaft sagen sollen, als er sich schon zum zweiten Mal für etwas entschuldigte, bevor ich überhaupt erst meine Bestellung aufgeben konnte.

Zuerste hatte er ziemlich lange mit den Gästen zwei Tische weiter gequatscht. Vor einer gefühlten halben Stunde hatte er mich im Vorbeigehen mit dem Hinweis vertröstet, dass er „gleich“ zu mir kommen werde.

Als er dann endlich kam und zu einer Entschuldigung anhob, dass er sich etwas verplaudert hätte, schnitt ich ihm praktisch das Wort ab, indem ich sagte: Ja, hab ich gesehen, ich hätte gerne einen Toast Monsieur.

Dann kam er, wieder eine gefühlte Ewigkeit später, um mir mitzuteilen, dass er vergessen habe, was ich bestellt hätte. An den Toast konnte er sich noch erinnern, aber nicht daran, was ich zu trinken bestellt hätte.

„Nichts“, sagte ich.

Die beiden Männer an meinem direkten Nebentisch kriegten das alles mit, wunderten sich schon, während sie inzwischen zu Ende gegessen hatten, über meine Geduld und tauschten entsprechende Blicke mit mir aus, halb belustigt und halb sympathisierend. „Ob das heute noch was wird?“ fragte ich, müde scherzend. 

Der mich bedienende beziehungweise noch immer nicht bedienende Chef von dem Laden hatte in einer seiner Entschuldigungen auch die Tatsache erwähnt, dass ich am äussersten Tisch sässe. Als ob das ein Grund sei, mich zu übersehen.

Spätestens in dem Moment hätte ich es ihm sagen sollen: „Machen Sie es mit dem äussersten Tisch doch wie die Schwaben mit ihrer Eisenbahn. Weil der letzte Wagen immer so geschaukelt hat, haben sie ihn einfach abgehängt.“

Heute in Freiburg

Wir vier Geschwister
Lilli mit José und Axel
Münster
Von links nach rechts: Margrit, Uli & José, Nicola, Judy and Julian (who is Margrits husband and Nicolas father)