Feierabend einmal anders

Als ich meine Frau neulich zu einem Einkaufsbummel in Frankreich einlud, meinte sie, dass es vielleicht schon bissle spät am Nachmittag sei. Wegen dem Feierabendverkehr.

Diese Sorge konnte ich ihr abnehmen. Ich sagte: „Die Franzosen haben erstens überhaupt kein Wort für Feierabend. Und ausserdem, chaotisches Autofahren praktizieren die zu jeder Tageszeit.“

Es soll allerdings Männer geben, die nach Büroschluss noch eine Affaire haben.

So eine Afterwork-Geliebte nennt man in Frankreich auch eine „Cinq à sept“. Also eine Frau für die Zeit von fünf bis sieben. Die besucht Mann nach Büroschluss und um 19.00 Uhr muss er dann daheim sein, zum Abendessen.

So gesehen gibt es in unserem geschätzten Nachbarland durchaus eine Art „Feierabendverkehr“.

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Cinq à sept – Keusch oder unkeusch

https://www.linternaute.fr/expression/langue-francaise/13941/cinq-a-sept/#:~:text=Moment%20de%20d%C3%A9tente%20entre%20le,%2Dvous%20extra%2Dconjugal).

https://www.thelocal.fr/20190829/french-expression-of-the-day-cinq-a-sept

Manchmal muss es halt schnell gehen

Der Krieg der Knöpfe („La guerre des boutons“) aus dem Jahr 1962 von Yves Robert ist ein Film, in dem sich Jungs aus zwei benachbarten Dörfern immer gegenseitig die Hosenknöpfe abschneiden. An den musste ich heute beim Anziehen denken.

Meiner neuen Hose lag nämlich ein Ersatzknopf bei. Was ich schon ziemlich unverschämt fand. Soll wohl heissen, dass bei mir so ein Hosenknopf, auch ohne Krieg oder Frieden, einfach so abplatzen kann. Was natürlich peinlich ist, wenn man dann gerade keine Nadel und Faden zur Hand hat.

Mit Nadel und Faden wäre es da auch gar nicht getan. Man stopft ja keine Socken.

Dieser Hightech-Knopf hat nämlich so ein komisches Zusammenstecksystem, wozu man wahrscheinlich auch wieder ganz andere Werkzeuge braucht.

Eigentlich habe ich ja schon sehr viele Werkzeuge. Eine grosse und eine kleine Schere, für grosse und kleine Plastikverpackungen. Einen speziellen Dosenöffner für Sardinenbüchsen, mit dem man angeblich den Ring zum Öffnen sehr leicht abziehen kann.

Wobei ich darauf hinweisen möchte, dass ich neulich trotzdem den Ring an dem komischen Öffner hängen hatte und für das wirkliche Öffnen der Dose nochmal auf einen anderen, alten Dosenöffner zurückgreifen musste.

Das ist bei Vielem so; man braucht immer ein Spezialwerkzeug; und manchmal sogar zwei.

Bei den Strümpfen, die ich heute anzog, stand die Schuhgrösse beziehungsweise Sockengrösse ganz unten. Wenn man vorher noch schnell die Grösse checken will, muss man leider feststellen, dass sie sozusagen auf der Fußsohle steht.

Und wer kann schon Zahlen lesen, auf denen man steht? Gibt es dafür eine spezielle Yogaübung? Oder vielleicht auch so ein Spezialwerkzeug, vielleicht mit so einem Spiegel, wie die DDR-Grenzer früher hatten, um den Unterboden eines Trabis zu kontrollieren?

Von Reissverschlüssen will ich jetzt gar nicht erst reden, denn das könnte so richtig peinlich werden. Neulich musste ich mal aufs Klo, nur zum Wasserlassen. Dringend.

Der Reissverschluss hat natürlich erst mal geklemmt.

Kennt da jemand vielleicht irgendein Hilfsmittel? Also bei mir hat es ja dann in letzter Sekunde doch noch geklappt. Aber das nächste Mal könnte das im wahrsten Sinne des Wortes in die Hose gehen.

Festgefahrene Reissverschlüsse sind natürlich Billigware, die man möglichst schnell gegen sogenannte Turbo-Zipper austauschen sollte. Aber wie tauscht man Billig gegen Turbo? Dazu braucht man wohl wieder verschiedene Spezialwerkzeuge.

Die kommen dann auch noch in den Werkzeugkasten, den ich mir demnächst zulegen werde.

Ça va Monsieur?

Heute habe ich es mal wieder ganz doll gespürt. Aber der Reihe nach.

Nachdem meine Frau zur Samstag-Spätschicht entschwunden war, hatte ich zwei Kontakte. Einen schriftlichen und einen sozusagen intensiven Augenkontakt.

Meinen Sohn hatte ich gerade per WhatsApp nach dem Befinden des einen meiner beiden Schwiegersöhne gefragt und danach, wie die Planung des nächsten grösseren Familientreffens aus belgischer Sicht aussieht.

Die ältere meiner beiden Schwestern feiert im September einen runden Geburtstag in Solingen. Ich werde nachher noch mit Sohnemann telefonieren. Ist inzwischen geschehen.

Schönes Wetter zieht mich ja sowieso immer nach draussen und heute sollte es ziemlich heiss werden, war aber nur 30 Grad. Jedenfalls fuhr ich nach Frankreich zu meinem Lieblingssupermarkt und holte bissle Nachschub. So wie andere vielleicht einen geheimen Schnapsvorrat haben, habe ich immer einen gewissen Keksvorrat. Und überhaupt Süsskram. Alles Wichtige haben wir ja eh immer im Vorrat.

Nun begab es sich aber, dass ich an der Kasse von einer schwarzen Kassiererin abgearbeitet wurde. Irgendwie muss ich beim einhändigen Einladen in den Einkaufswagen oder überhaupt bissle unsicher und unwohl gewirkt haben. Jedenfalls fragte sie mich, als ich durch Auflegen der Karte bezahlt hatte und sie mir das Ticket reichte: „Ça va Monsieur?“

Das war nicht nur so dahin gesagt. Ich schaute ihr in die Augen, lächelte leicht, und sagte nur „Oui“. Wenn ich ein Problem oder auch nur den Wunsch gehabt hätte, ihr etwas zu erzählen, sie hätte mir zugehört, da bin ich sicher. Auch wenn die Kunden, die hinter mir geduldig darauf warteten, dran zu kommen, das vielleicht nicht so gerne gesehen hätten. Aber sie hätten bestimmt nicht irgendwie gedrängelt oder gemurrt. Ich erlebe das oft, dass Kunden längere Wortwechsel, um nicht zu sagen ganze Gespräche mit einer Kassiererin führen.

Um es kurz zu machen, das hat mich einfach gefreut, so gefragt zu werden. Sie schien ernsthaft besorgt. Ich war wohl doch irgendwie zerstreut oder geistesabwesend, weil ich die ganze Zeit im Auto darüber nachgedacht hatte, was ich heute schreiben wollte.

Es war etwa Folgendes. Mir ist heute richtig deutlich bewusst geworden, dass ich immer ganz in meinem Element bin, wenn ich schreibe. Wenn ich den Text dann korrigiere und nachbessere. Und wenn ich ihn dann fertig vor mir sehe. Das gefällt mir einfach.

In meiner Magisterarbeit ging es damals um Topik und Wandel im Selbstverständnis deutscher Schriftsteller. Um die Auswertung von Interviews, in denen Schriftsteller gefragt wurden, warum sie denn schreiben.

Viele der Antworten kamen mir banal und fast albern vor. Wenn es hiess „Ich schreibe wie ich atme“. Eigentlich ziemlicher Quatsch. So wie man sagt „Schreiben ist Leben“ oder „Leben ist Liebe“ oder so. Klingt alles wie mathematische Gleichungen. X = Y.

Heute habe ich es ganz deutlich gespürt. Ich muss nur schreiben, dann geht es mir gut. Dann bin ich in meinem Element.

Jetzt bin ich halt Rentner, wie viele das nennen. Ich nenne es lieber Privatier. Eine meiner Seminararbeiten in Tübingen hatte das Thema „Privates und Öffentliches in Schnabels Roman Die Insel Felsenburg“.

Die Schnittmengen zwischen Privatem und Öffentlichem. So wie es sie in Blogs gibt, in denen man sowohl für sich als auch für Andere schreibt.

Egal wie man es nennt oder macht. Für mich zählen die Buchstaben und die Wörter, aus denen man Sätze macht. Das. Bin. Ich.

„Oui, Madame, merci, ça va très bien.“

Huch, ich habe gesprochen

Also der Typ, wo ich da mal eingeladen war, der hatte einen Swimmingpool im Garten. Er, also der Typ, nicht der Garten, hatte einen Bart, rauchte Pfeife, hasste seine Mutter, war Soldat der belgischen Armee und sein Hobby war seine Märklin Eisenbahn.

Irgendwann quatschte er mich mal so von der Seite an und sagte: „Toi qui est traducteur“ („Du bist doch Übersetzer“ – Bis dahin hatten sich nur unsere Frauen geduzt aber ich war da irgendwie mit reingeraten), „Ich habe da so ein Buch über Märklin, auf Deutsch, könntest Du mir da vielleicht mal ein bisschen ins Französische übersetzen? Also nicht alles, ich will nur wissen was drin steht.“

Aha. Er wollte das natürlich für lau und wusste wohl nicht, dass ein guter Übersetzer nie in eine andere als seine Muttersprache übersetzt. Mit seiner Mutter hatte er ja auch ganz offensichtlich Probleme. Aber bestimmt nicht wegen einer Sprache.

Als er mich dann etwas später und vor den Augen meiner Kinder vom Beckenrand in seinen blöden Pool schubste, dachte ich mit Loriot: „Damit betrachte ich die Sache als erledigt.“

Howgh, ich habe geschrieben.

(Angeregt durch den launigen Eintrag  „Typisch?“ von Dario Schrittweise, in dem Sätze aufgeführt sind, die in bestimmten Berufswelten nicht so gerne gehört oder gesagt werden.