Vom Triggern und Buttern

Früher konnte man in der Werbung ja noch richtig auf die Kacke hauen und den grössten Scheiss erzählen. Kann man zwar heute auch noch, nur halt bissle anders.

Damals konnte man den Leuten weissmachen, dass Filter den Zigaretten ihre Schädlichkeit nehmen. Im Übrigen warben sogar Ärzte ausdrücklich für die Kippen von Camel, der Lieblingsmarke der Mediziner.

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Bis dann die Werbung in Warnung umschlug. Und zwar rücksichtslos und rückwirkend. Mit immer mehr Warnhinweisen, Triggerwerbung und Ekelfotos. Erst jetzt, nach 50 Jahren wilder Werbung ist der Tabakkonsum etwas rückläufig und alkoholfreies Bier auf dem Vormarsch.

Gewarnt wird aber immer mehr. Bis zurück zur Bibel: „Dieses Buch enhält Beschreibungen von Mord und Totschlag, die für Jugendliche und sensible Menschen verstörend wirken können.“

Wussten Sie, dass man Plastiktüten sich selbst oder Anderen nicht über den Kopf ziehen sollte, weil man sonst ersticken kann? Nein? Ich hab Sie gewarnt! Machen Sie keinen Quatsch!

Bei Netflix steht am Anfang von Firmen gerne, dass im Film geraucht, gesoffen, rumgehurt und geprügelt wird. Wenn diese Warnhinweise fehlen, ist das folglich ebenfalls ein Warnung, nämlich die, dass es eher langeweilig wird.

Bei Harald Schmidt wurde Einem eigentlich nie langweilig. Trotzdem mahnt der WDR bei der Wiederholung älterer Sendungen, dass diese damals vielleicht noch nicht so politisch korrekt sein könnten wie man das heute verlangt. Also vor Gebrauch Stirn runzeln!

EILMELDUNG

Wie ich heute erfuhr, hat der Deutsche Reichstag heute ein Gesetz zur Eindeutschung von ausländischem „Kultur“-Gut verabschiedet. In einer Durchführungsverordnungsbestimmung zur Umsetzung einer ersten Durchführung einer Verordnung wurde das Objekt „Kommissar Maigret“ definiert.

Demzufolge sind zuallererst alle Abbildungen, die den Kommissar mit einer Pfeife zeigen, durch solche zu ersetzen, in denen er nicht an einer solchen nuckelt sondern vielmehr auf einem Zahnstocher herumkaut. Dies im Rahmen einer Tabakwerbungsverbotsmassnahme zum Schutz der deutschen Jugend vor schlechten Vorbildern.

Ausserdem enthält jeder Roman mit dem genannten Helden obligatorisch folgende Warnhinweise: Enthält Alkohol, Rauchen, Sex, Gewalt, Schimpfwörter, Plastikbeutel, Austernzucht, Hummerquälerei und Baguettes, sofern diese Elemente nicht bereits durch den ersten Teil der Massnahmenverordnungsverordnung durch Eliminierung eliminiert worden sind. Was zu wünschen gewesen wäre.

Weiterhin sollen in allen Darstellungen von Austernzuchtbetrieben an der französischen Atlantikküste solche Betriebe Industriebetriebe für die Aufzucht von Tofu ersetzt werden.

Ich war dann noch in einem Bistro im französischen Neuf-Brisach im Elsass, um ein Eis zu essen. Das Bistro soll demnächst in Nahrungsabgabestätte umgetauft werden. Ich fragte einen jungen Franzosen am Nachbartisch, was er von dem allen halte.

Er sah mich mit einem durchdringenden Blick an und sagte laut und deutlich: „Et ta sœur? Elle bat le beurre.“ Das klingt für ungeübte Ohren wie die Frage „Und was ist mit deiner Schwester? Die schlägt die Butter.“ (Österreichisch: die pudert). Ist aber nur als reine Beschimpfung im Sinne von „Du hast sie wohl nicht alle!“ zu verstehen.

Geheimnisse

Früher hatte ich mich über diese Art von Filmen eigentlich eher lustig gemacht. Ich sah in den deutschen Schauspielern, die im Film als Franzosen in der Bretagne durchgehen sollen, vor allem deutschsprechende Personen, die seltsamerweise französische Kurznachrichten erhalten. Und im Zweifelsfall ein halbes Dutzend („une sixaine“) Austern und ein Glas Weisswein bestellen. Und dann noch nicht einmal wissen, wie man Austern schlürft und wie man ein Weinglas hält.

Ich fange an, die Filme mit Kommissar Dupin gut zu finden. Nicht nur wegen der schönen Landschaften, sondern auch wegen vielen Kleinigkeiten, die man entweder gar nicht gewusst hat, oder die man schon kennt und dann aber trotzdem drüber lachen kann.

In einer Folge wird Michel Houellebecq und in einer anderen Michel de Montaigne erwähnt. In der heute von mir gesehenen Episode wird gar Jean-Paul Sartre zitiert. „Être mort, c’est être en proie aux vivants“ (Tot sein heisst zur Beute der Lebenden werden). Meine Neugier war erwacht und ich suchte mir in der Mediathek „Kommissar Dupin – Bretonische Geheimnisse“ aus.

Da gibt es zum einen viele Namen und Begriffe, die man eigentlich kennen sollte wenn man wenigstens halb gebildet ist. Ich bin ja nur ein Viertelgebildeter und kenne weder Lancelot noch die Artussage.

Mit anderen Anspielungen kann ich schon eher was anfangen. Zum Beispiel mit dem Heiligen Gral.

Oder mit dem Ortsschild „Bannalec“ in der Bretagne. Bannalec ist nämlich auch das Pseudonym des Autors dieser Dupin-Geschichten. Jean-Luc Bannalec alias Jörg Bong.

Was ich auf jeden Fall verstanden habe und für mich eigentlich ein altbekannter Gag ist, ist der mit den entgegengesetzten Wegweisern „Alle Richtungen“ und „Andere Richtungen“.

WhatsApps aus dem Sommer

Als Form eines Sekundärurlaubs delektiere ich mich auch ganz gerne an Grussmeldungen der Kinder und Kindeskinder.

Die einen grillen im heimischen Garten in Belgien,

die andern zog’s in den Südwesten von Frankreich. Dort ist unter anderem Kanutieren und Biwakieren im Perigord angesagt.

Man isst „Confit de canard“ (Entenkonfit) oder ein Dutzend Austern (kurz „une douzaine“) im Département Charente-Maritime,

und besichtigt die Île d’Oléron und das Fort Boyard.

Der König vom Kaiserstuhl

Zur Zeit ist ja oft von dem DFB-Präsidenten Fritz Keller die Rede, weil er wohl einen Juristen mit dem Nazi-Richter Freisler verglichen hatte.

Wenn von Fritz Keller die Rede ist, muss ich oft an seinen Vater Franz denken. Mit Franz Keller senior hatte ich 1979 geschäftlich zu tun, als ich von Brüssel aus einen Import/Export für Edelfood aufzog. Ich verkaufte Hummer, Austern, Langusten, Gänsestopfleber und ähnliches vom Pariser Grossmarkt Rungis an deutsche Sternerestaurants.

Eins dieser Restaurants war der Schwarze Adler in Oberbergen, das noch heute zwei Sterne besitzt. Einmal sass ich mit dem Keller Franz an einem Tisch in der Gaststube, als eine Familie aus zwei Erwachsenen und zwei Kindern das Lokal betrat.

Sie hatten sich kaum an einen freien Tisch gesetzt und einen Blick in die Speisekarte geworfen, als sie auch schon ziemlich überhastet ihre Rucksäcke nahmen und das Lokal wieder verliessen.

Herr Keller grinste mir zu und meinte: „Das kommt öfters vor, dass Leute hier vespern oder Brotzeit machen wollen, wenn sie im Kaiserstuhl auf Wanderung sind“. Das Lokal war damals von aussen nicht direkt als Schickimicki-Bude zu erkennen und sieht auch heute noch eher wie eine Dorfkneipe aus.

Franz Keller, dem auch zahlreiche Weinberge im Kaiserstuhl gehörten und der seine Wohnung so in einen Berg rein gebaut hatte, dass es aussieht wie ein Atombunker, war nicht nur der König vom Kaiserstuhl, sondern wohl auch eine Art Übervater für seinen Sohn Franz Keller junior.

Der musste sich irgendwann vom Senior trennen und eröffnete in Köln ein Restaurant namens Tomate. Heute ist der ältere Bruder vom DFB-Fritz der Nachfolger seines Vaters im Kaiserstuhl.